How To Hörspaziergang
Ein Leitfaden zur Produktion von Audiowalks
AUDIOWALK und HÖRSPAZIERGANG sind Begriffe, die bis jetzt keine feste Definition und kein eindeutiges Zuhause gefunden haben. Worauf sich wohl die meisten einigen können: Bei einem Audiowalk hörst du beim Gehen z.B. über Kopfhörer ein Hörstück, das sich auf den Ort bezieht, an dem du bist. Audiowalks können Elemente von Performance, Tanz und Theater enthalten, sie können reine Klangkunst-Projekte sein, sie können als Hörspiele im öffentlichen Raum oder als Streetgames funktionieren, sie können Vermittlungs-, Beteiligungs- und soziokulturell inspirierte Projekte sein. Allen Formen ist gemein, dass durch die Überlagerung von realem und medialem Raum sowie durch die Gleichzeitigkeit von imaginiertem und physischem Erlebnis, eine ganz besondere ortsbezogene ästhetische Erfahrung entsteht.
Ein gelungener Hörspaziergang ist ein gemeinsamer Tanz von Ort, Inhalt, Gestaltung und Technik. Was helfen kann, dass die vier Elemente einen Rhythmus finden, ohne einander beim Tanzen auf die Füße zu treten, haben wir mit How to Hörspaziergang zusammengetragen.
Du findest hier eine Sammlung von Hintergrundinformationen, Good-Practice-Beispielen, praktischen Tipps und theoretischen Überlegungen, die aus unserer eigenen künstlerischen Praxis heraus entstanden ist. Ein „Work in Progress“, so wie die Kunstform Audiowalk selbst.
Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir in der Regel das generische Femininum und hoffen, dass mit dieser grammatikalischen Form alle Geschlechter inkludiert sind.
Ein künstlerischer Audiowalk kann viel mehr. Er kann die Rezipientinnen zu Akteurinnen machen. Er kann zu Interventionen im öffentlichen Raum anstiften und Situationen initiieren, deren Ausgang jenseits des Planbaren liegt.
Beispiele für Interaktionen in Audiowalks:
- Im Audiowalk Werkstatt Wedding (Massimo Maio) (→ AKTUALISIERUNG) produzieren die Hörspaziergängerinnen selbst Ortsbeschreibungen, die eingearbeitet und von späteren Rezipientinnen der Tour gehört werden.
- Space we space (Geräuschkulisse e. V.) lädt die Teilnehmenden auf einer Brachfläche in Leipzig dazu ein, den Ort zum Klingen zu bringen, beispielsweise durch die eigenen Schritte und das Abklopfen und Anschlagen verschiedener Materialien.
Beispiele für Interventionen:
- Der Hörspaziergang Friedenau (stadt im ohr) beginnt mit einer Tanz-Lektion. Die Hörenden lernen – Vers für Vers und Schritt für Schritt – die Hymne der Gründungsjahre der Siedlung kennen.
- Radioballett – Übung in nichtbestimmungsgemäßem Verweilen (LIGNA) fordert die Teilnehmenden dazu auf, im öffentlichen Raum – allein oder kollektiv – gegen geltende Regeln und Normen zu verstoßen. Das kann ein plötzliches Stehenbleiben im Fußgängerstrom sein, ein Klopfen an Schaufenster oder ein Hinlegen auf dem U-Bahnsteig.
Versuche bei der Ausarbeitung deiner Fragen das richtige Maß zu finden: Manchmal ist es gut, nicht zu viel über ein Thema zu wissen, um unbefangener und ergebnisoffener fragen zu können. Bei anderen Gelegenheiten hingegen ist eine gründliche Vorbereitung wichtig.
Es ist auf jeden Fall ratsam, „offene Fragen" zu stellen, damit dein Gegenüber ausführlicher auf das Thema eingeht und nicht bloß mit „ja“ und „nein“ antwortet. Überlege dir schon vor dem Interview, ob du das Tonmaterial veröffentlichen oder es ausschließlich zu Recherchezwecken nutzen möchtest. Davon solltest du den Aufnahmeort abhängig machen (→ AUFNAHME). Es kann aber auch sinnvoll sein, das Interview an einem bestimmten Ort zu führen, um direkt die Merkmale des Ortes thematisieren zu können. Zudem kannst du die besondere Stimmung (→ ATMO) eines Schauplatzes einfangen.
Vergewissere dich vor dem Interview, dass dein Gegenüber damit einverstanden ist, dass das Tonmaterial veröffentlicht wird. Das solltest du auch schriftlich festhalten. Wenn deine Interviewpartnerinnen in einer offiziellen Funktion auftreten, kann es sein, dass sie das Interview bzw. die von dir genutzten Ausschnitte vor der Veröffentlichung freigeben möchten. Generell solltest du in der Vorbereitung keinen „Fragenkatalog“ an deine Gesprächspartnerin senden. Umreiße das Thema lieber grob, denn sonst kann es passieren, dass sich die zu interviewende Person ihre Antworten „zurechtlegt“ und das Gespräch zu starr wird. Hören macht grundsätzlich mehr Freude, wenn jemand aus dem Stegreif erzählt.
Wenn du das Interview anschließend durchhörst, solltest du stichpunktartig notieren, an welchen Zeitpunkten welche Themen besprochen wurden. Du kannst auch direkt im Schnittprogramm entsprechende Marker und Kommentare setzen. (→DOKUMENTATION)
Die Initiative für dieses Projekt kam vom Kulturkosmos Leipzig e.V. Die inhaltliche Umsetzung lag bei den Soundmarkern, dem Labor für ortsbezogene Audioarbeiten. Technische und inhaltliche Beratung bekamen wir von Guidemate, der Plattform für Audiowalks.
Projektträger
Autor*innen
Beratung
Enstanden mit Unterstützung durch