How To Hörspaziergang
Ein Leitfaden zur Produktion von Audiowalks

AUDIOWALK und HÖRSPAZIERGANG sind Begriffe, die bis jetzt keine feste Definition und kein eindeutiges Zuhause gefunden haben. Worauf sich wohl die meisten einigen können: Bei einem Audiowalk hörst du beim Gehen z.B. über Kopfhörer ein Hörstück, das sich auf den Ort bezieht, an dem du bist. Audiowalks können Elemente von Performance, Tanz und Theater enthalten, sie können reine Klangkunst-Projekte sein, sie können als Hörspiele im öffentlichen Raum oder als Streetgames funktionieren, sie können Vermittlungs-, Beteiligungs- und soziokulturell inspirierte Projekte sein. Allen Formen ist gemein, dass durch die Überlagerung von realem und medialem Raum sowie durch die Gleichzeitigkeit von imaginiertem und physischem Erlebnis, eine ganz besondere ortsbezogene ästhetische Erfahrung entsteht.
Ein gelungener Hörspaziergang ist ein gemeinsamer Tanz von Ort, Inhalt, Gestaltung und Technik. Was helfen kann, dass die vier Elemente einen Rhythmus finden, ohne einander beim Tanzen auf die Füße zu treten, haben wir mit How to Hörspaziergang zusammengetragen.
Du findest hier eine Sammlung von Hintergrundinformationen, Good-Practice-Beispielen, praktischen Tipps und theoretischen Überlegungen, die aus unserer eigenen künstlerischen Praxis heraus entstanden ist. Ein „Work in Progress“, so wie die Kunstform Audiowalk selbst.
Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir in der Regel das generische Femininum und hoffen, dass mit dieser grammatikalischen Form alle Geschlechter inkludiert sind.
Beispiel: Das Hörstück Der Kauf von Paul Plamper bewegt sich an der Grenze zwischen Hörspiel und Audiowalk. Auf einer realen innerstädtische Brachfläche verortet, wird das Thema Gentrifizierung in einer fiktionalen Geschichte verhandelt.
Noch ein Beispiel: Die Audiowalkreihe #here2hear versammelt fiktionale Kurzgeschichten, die sich auf einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Situation beziehen, wie die Bushaltstelle oder die Parkbank.
Der Audiowalk kann zwar immer wieder gelaufen und gehört werden, er wird jedoch jedes Mal ein anderes, einzigartiges Erlebnis liefern. Die Außenwelt ist eine wichtige Mitspielerin und eine veränderliche Größe. Tageszeiten, Jahreszeiten, Wetter und Temperatur, Menschen und Tiere, sie alle sind – ungefragt und unberechenbar – Bestandteil eines jeden Audiowalks. Eine vorbeiziehende Kindergruppe oder ein Krähenschwarm können in immer neuer Weise den Erfahrungsraum des Audiowalks komplett verändern.
Was für Geräusche gilt, gilt auch für sie: Sie können sehr spezifische Bedeutungen transportieren. Die Bedeutung eines Funktionsklanges wurde bewusst bei seiner Entwicklung festgelegt, man denke etwa an das Martinshorn. Das bedeutet: Funktionsklänge sind aufs Verstanden-Werden ausgelegt. Viele Funktionsklänge regeln, ordnen, strukturieren unseren Alltag. Das Klicken der Ampel, die Fabriksirene, die Kirchenglocken und ja, das Martinshorn. Diese funktionalen Klänge erzählen oft von Gemeinschaften, von Zugehörigkeit. Auch wenn Funktionsklänge mit negativen Ereignissen verbunden sind, wirken sie doch stark auf Gemeinschaften und schreiben sich ein in die kollektive Identität. Ein Beispiel dafür ist der charakteristische Klang der Polizeisirenen von New York, der in einem Walk zur Rap-Kultur verwendet wird.
Viele der funktionalen Klänge sind mit einer Handlungsaufforderung verbunden: manchmal muss sofort etwas getan werden, manchmal hängt sogar das eigene Leben an der richtigen Reaktion (zum Beispiel: Luftschutzsirene im Krieg). In anderen Situationen erinnert der Funktionsklang daran, dass etwas einfach nur funktioniert, zum Beispiel das gleichmäßige Piepsen auf einer Intensivstation. So ergeben sich in einem Audiowalk vielfältige Einsatzmöglichkeiten: Die mit einem Funktionsklang verbundene Handlung kann durch diesen wachgerufen, nachempfunden, vielleicht auch simuliert werden.
Es gibt Funktionsklänge, die Daten und Wissen enthalten und dabei zum Erforschen und Erkunden einladen: Christina Kubisch etwa nutzte in ihrer Audiowalk-Serie electrical walks spezielle Mikrofone, die elektroakustische Felder hörbar machen: Das sonst nicht vernehmbare Klicken oder Pulsieren von Bankautomaten und anderen elektronischen Geräten wird dabei direkt erfahrbar. Generell können aber auch andere Arten von Daten in Sounds übertragen werden: Eine Grafik zum Bevölkerungswachstum in einem Stadtteil könnte beispielsweise in Tonhöhen ausgedrückt werden. Kurz: Daten können erzählen!
Die Initiative für dieses Projekt kam vom Kulturkosmos Leipzig e.V. Die inhaltliche Umsetzung lag bei den Soundmarkern, dem Labor für ortsbezogene Audioarbeiten. Technische und inhaltliche Beratung bekamen wir von Guidemate, der Plattform für Audiowalks.
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