Die Entstehung eines Berges
Audiowalk „1000 Steine“ von Caroline Böttcher
Wie wird ein Trümmerberg getauft? Wie haben die Berliner Bürger nach dem 2. Weltkrieg entschieden, welche Namen sie den neuen Hügeln ihrer Stadt geben wollen? Zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals widmet sich der Audiowalk „1000 Steine“ dieser Frage und beantwortet sie in Bezug auf den ersten fertig gestellten Trümmerberg Berlins:
„Ein Schulwettbewerb war der Taufe des Berges vorangegangen. Viele Vorschläge der Schüler ließen die Entstehungsgeschichte der Berge erahnen: „Berg des Vergessens“, „Berg der Müh und Not“, „Berg der schrecklichen Erinnerung“ oder „Berg der tausend Steine“. Doch man entschied sich für einen Namen, der über die Geschichte des Ortes wenig erzählte. Zwei Schulklassen hatten sich den Namen „Insulaner“ ausgedacht. Damit gewannen sie 100 Mark bei einem Preisausschreiben. Die Cabaret Sendung „Die Insulaner“, nach welcher der Berg benannt wurde, wurde seit 1948 regelmäßig von dem Radiosender RIAS ausgestrahlt.“
Das 40 Minuten lange Audiostück erzählt in zehn Kapiteln von der Entstehung des Insulaners. Was war hier vor dem zweiten Weltkrieg? Wie lange hat der Aufbau des Berges gedauert? Wer war daran beteiligt? Was hat der Berg für die Menschen damals bedeutet? Und wie kam er zu seinem Namen?
Der Audiowalk enthält viele Zahlen und Fakten und wirkt zunächst ein wenig nüchtern. Nach und nach wird aber klar, dass hier nicht nur die naheliegenden Daten rezitiert werden, sondern dass auch weniger bekannte Aspekte recherchiert und erzählt werden.
Zum Beispiel wenn es um die Nutzung des Geländes vor dem Krieg geht. Wo heute der Berg steht, war früher eine große Bau- und Sandgrube. Diese wurde in den 20er-Jahren häufig als Filmkulisse genutzt, um Wüstenszenen zu drehen. Der Audiowalk führt die Hörenden für dieses Kapitel an einen Punkt auf einer Wiese, von dem man gut auf den Gipfel des heutigen Berges schauen kann. Dort erzählt er die Szene eines Films nach, der vom ehemaligen „Deutsch Ostafrika“ handelt und der hier in den 20er-Jahren gedreht worden ist. Ein Film, der auf sehr unkritische Weise die Kolonialgeschichte Deutschlands darstellt – unter Anderem auch die Huldigung des Kilimandscharos, der damals als „höchster Berg Deutschlands“ galt. Heute steht hier tatsächlich ein Berg, der die Zerstörungskraft des deutschen Nationalismus eindeutig sichtbar macht.
Mit dem Audiowalk kann man die Geschichte des Insulaners auf knappe, reflektierte und recht unterhaltsame Weise kennenlernen. Leider kommen dabei keine Zeitzeugen und auch keine heutigen Anwohner und Besucher zu Wort. Dies hätte die Bedeutung und Geschichte des Insulaners noch lebendiger machen können. Das Audiostück besteht lediglich aus gelesenem Text. Jedoch wird dieser immer wieder mit historischen Tönen aus dem Archiv verwoben, die zum Beispiel den Insulaner in den 50er-Jahren als Attraktion zur Naherholung bewerben. Und auch ein Lied über den Insulaner aus den 50er-Jahren ist zu hören, während man von ganz oben auf die Dächer Schönebergs schaut.
Der Mangel an O-Tönen und die technisch nicht immer ganz sauber klingende Aufnahmequalität der beiden SprecherInnen sind schnell vergessen. Auch wer den Insulaner schon oft besucht hat und gut kennt, wird hier ziemlich sicher noch einige neue und interessante Perspektiven mit auf den Weg bekommen.
Informationen zum Audiowalk:
Titel: 1000 Steine
Macherin: Caroline Böttcher
Ort: Insulaner, Berlin Schöneberg
Dauer: 40 Minuten
Foto: Caroline Böttcher